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26. Mai, 2023 / Katharina Frauenknecht

Deutschland: Landwirtschaftsminister plant Verschärfung des Tierschutzgesetzes

Wie der Tagesspiegel berichtet, will der deutsche Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir mit einer Verschärfung des Tierschutzgesetzes den Schutz von sogenannten Nutz- und Haustieren verbessern.

Ein Referentenentwurf, der in die Vorabstimmung gegangen ist, sieht unter anderem die Abschaffung der ganzjährigen Anbindehaltung, die Reduzierung des nur noch unter Betäubung durchgeführten Schwänzekupierens von Ferkeln, ein Ausstellungs- und Werbeverbot von Qualzuchten sowie höhere Strafen für Tierquäler auf bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe und Geldbußen von bis zu 100.000 Euro vor.

Der Bund will darüber hinaus die Videoüberwachung an Schlachthöfen verpflichtend einführen. Von der Anlieferung über die Tötung soll jeder Arbeitsschritt per Video auf eigene Kosten dokumentiert werden. Eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe droht nach dem Entwurf jedem, der ein Wirbeltier „ohne vernünftigen Grund tötet“ (mehr über die Interpretation eines „vernünftigen Grundes“ im Tierschutzgesetz ist hier nachzulesen.). Zudem sieht der Entwurf höhere Haltungsauflagen für Kombihalter vor. Bei der sogenannten Kombinationshaltung sollen Tiere über das Jahr verteilt zwar immer wieder freie Bewegungsmöglichkeiten haben, können jedoch auch an Standplätzen mit Fress-, Tränke- und Liegemöglichkeit fixiert werden. Das Mindestmaß an freier Bewegungsmöglichkeit beträgt aktuell lediglich 90 Tage. Laut der Tierschutzorganisation Vier Pfoten leiden Rinder in der Kombinationshaltung „einen Großteil des Jahres noch unter den grausamen Bedingungen der Anbindehaltung“.

Der neue Entwurf sieht im Sommer die Sicherstellung eines Zugang zur Weide vor. Ganzjährig sei mindestens zweimal in der Woche der Zugang zu einer Freifläche zu gewährleisten. Wer Stalltiere anbinden will, braucht künftig eine tierärztliche Indikation. Desweiteren wäre die Kombihaltung nur für maximal 50 Rinder erlaubt.

Vor allem das geplante Verbot zur ganzjährigen Anbindehaltung sowie die höheren Haltungsauflagen für die Kombinationshaltung sorgen für laute Kritik aus der Agrarindustrie. Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP bereits ein Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung in zehn Jahren (2031) beschlossen. Nun soll das Verbot bereits ab 2028 in Kraft treten. Die knappe Übergangsfrist stößt bei betroffenen Bauern und Verbänden auf Verärgerung. Laut dem Magazin Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt ist eine Übergangsfrist offenbar unter Juristen im Tierschutzgesetz rechtlich umstritten. Da der Bund die Übergangsfrist und das Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung mit einer tierschutzwidrigen Haltungsform begründet, könnten Tierschutzverbände gegen diese Frist klagen. Die Folge wäre ein sofortiges Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung.

Auch von Tierschützern wird der Entwurf kritisiert. Zum einen soll es auch mit der Novelle möglich bleiben, Amputationen an landwirtschaftlich gehaltenen Tieren aus wirtschaftlichen Gründen durchzuführen. Das Kupieren des Ringelschwanzes bei Ferkeln und des Schnabels bei Hühnern bleiben weiterhin möglich. Die Betäubungspflichten bei Eingriffen beim Enthornen und Kastrieren von Rindern will Özdemir indes ausweiten. Zum anderen will der Landwirtschaftsminister laut einer Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums weder Haltung noch Zucht von Tierrassen aus Qualzüchtung verbieten. Geplant ist lediglich ein Ausstellungs- und Werbeverbot, welches „die Nachfrage nach solchen Tieren“ senken soll. Nach der Auffassung vieler Tierschützer widerspricht die Billigung von Qualzuchten § 11b des Tierschutzgesetzes. Dort heißt es unter anderem: „Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch biotechnische Maßnahmen zu verändern, soweit […] hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten“.

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