News
14. Februar, 2022 / Katharina Frauenknecht

Omega 3 bei veganer Ernährung: Die wichtigsten Informationen

So wie Milch für die meisten Menschen den Inbegriff der optimalen Kalziumquelle darstellt, so ist Fisch für viele das Sinnbild der idealen Quelle für jene guten Fette, die man im Rahmen einer gesunden Ernährung zu sich nehmen sollte. Gemeint sind damit die langkettigen Omega-3- Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA), welche in höherer Konzentration vor allem in fettreichen Kaltwasserfischen wie Lachs, Hering, Thunfisch und Sardine vorliegen. Diese Fettsäuren standen bereits in früheren Beobachtungsstudien am Menschen in Zusammenhang mit einer Risikoreduktion in Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einem besseren Erhalt der kognitiven Fähigkeiten im Alter.1 In der Diskussion um Fisch sowie der Omega-3-Bedarfsdeckung werden allerdings oft einige wesentliche Punkte übersehen, die für das wirkliche Verständnis dieser Sachverhalte von entscheidender Bedeutung sind.

Die Omega-3-Versorgung bei veganer Ernährung

Wenn man im Rahmen einer veganen Ernährung Fisch aus dem Speiseplan streicht, muss das nicht zwangsweise zu einer Unterversorgung mit EPA und DHA führen, weil Fische gar nicht die eigentlichen Produzenten dieser langkettigen Omega-3-Fettsäuren sind und man so auch die Omega-3-Versorung ohne Fisch sicherstellen kann. Wie Abbildung 1 zeigt, akkumulieren sich diese ursprünglich von marinen Pilzen und Mikroalgen gebildeten Fettsäuren lediglich in der Nahrungskette.2 Außerdem besitzt der menschliche Körper grundsätzlich auch die Fähigkeit, diese langkettigen Fettsäuren selbst zu produzieren, wenn man ihm unter den richtigen Bedingungen die richtigen pflanzlichen Ausgangstoffe – nämlich die Omega-3-Fettsäure namens Alpha-Linolensäure (ALA) – zur Verfügung stellt.3 Dieser Umstand begründet auch, dass EPA und DHA nicht als essenzielle (also überlebensnotwendige) Fettsäuren deklariert werden, sondern lediglich als semi-essenziell.

Wie gut allerdings die Eigensynthese dieser Fettsäuren ist, ist von Person zu Person in Abhängigkeit genetischer Faktoren sowie Alter und Geschlecht und auch Kostzusammenstellung (vor allem dem Omega-3- zu Omega-6-Verhältnis der Nahrung) sehr unterschiedlich ausgeprägt, wie auch im Detail im Video zur Optimierung der Omega-3-Eigensynthese erklärt wird. Welche Einflussfaktoren diesbezüglich eine Rolle spielen wird in Abbildung 2 dargestellt.

EPA_DHA_vegan_omega
Abb. 2: Einflussfaktoren auf die Umwandlungseffizienz der Omega-3-Fettsäuren

Omega-3-Test & Supplementierung

Eine letztendliche Sicherheit kann nur eine Bestimmung des sogenannten HS-Omega-3-Index geben. Dieser sollte sich optimalerweise über 8% befinden; bei unter 4% ist von einem Mangel bzw. damit einhergehend von einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen auszugehen.4

Tab. 2: Omega-3- & Omega-6-Fettsäurenzufuhr beider Geschlechter nach Alter

Wie Untersuchungen zeigen, reicht die Omega-Eigensynthese an EPA und DHA (vor allem DHA) aus ALA bei den meisten vegan lebenden Menschen allerdings nicht aus, um eine Optimalversorgung zu gewährleisten.5,6 Daher empfehlen Publikationen allen Personen mit unzureichender externer Zufuhr von EPA/DHA über die Nahrung eine Supplementierung.7,8 Auch wenn Fischöl-Supplemente die bekannteste Nahrungsergänzung für die Omega-3- Versorgung sind, zeigen Untersuchungen, dass Mikroalgenöl als veganes Supplement ebenso wirksam ist.9,10 Die meisten Fachgesellschaften empfehlen eine Supplementierung in Höhe von 250- 500 mg für Erwachsene.11 Tabelle 2 zeigt die Zufuhrempfehlungen für ALA, EPA & DHA (und die O6-Linolsäure) bei veganer Ernährung im Laufe des Lebenszyklus. Mehr Details dazu gibt es im Video zur optimalen Omega-3- Dosierung auf YouTube.

Schadstoffbelastung & Umwelteinflüsse

Ein weiterer wichtiger Punkt, der häufig in Diskussionen rund um den Fischverzehr untergeht, ist die Tatsache, dass sich im Laufe der Nahrungskette nicht nur die gesunden Omega-3- Fettsäuren im Gewebe der Fische ansammeln, sondern auch potenziell unerwünschte Stoffe, wie etwa sogenannte »persistente organische Schadstoffe«.12 Zu dieser Stoffgruppe gehören unter anderem Dioxine und polychlorierte Biphenyle (PCBs) und so macht es durchaus Sinn weiter unten in der Nahrungskette anzusetzen – also lieber auf Mikroalgenöle zurückzugreifen – um die Schadstoffbelastung im Endprodukt möglichst gering zu halten und unsere Weltmeere sowie den Fischbestand zu schonen. Denn es darf nicht vergessen werden: Der heute übliche, industrielle Fischfang ist nicht nur aus ethischer Sicht aufgrund der Ausbeutung der Fische problematisch, sondern zerstört auch wichtige Ökosysteme. All das können wir mit veganen Fischalternativen umgehen. Einen Beitrag zu veganen Fischalternativen gibt es >HIER<. Viele weitere vertiefende Informationen zum Thema der Omega-3-Versorgung bei veganer Ernährung gibt es im Buch „Vegan-Klischee ade!“ von Niko Rittenau sowie in Nikos Videos rund um das Thema der veganen Omega-3-Zufuhr auf YouTube. Tabelle 2 listet abschließend die häufigsten Vorurteile gegenüber der veganen Ernährung in Bezug auf die vegane Omega-3-Versorgung auf und berichtigt diese kurz und knapp.

VorurteilRealität
Man muss Fisch essen, um ausreichend mit Omega 3 versorgt zu sein.► Jene Omega-3-Fettsäuren namens EPA und DHA, die man in einigen Fischen findet, stammen ursprünglich aus Mikroalgen, die sich im Laufe der Nahrungskette im Fleisch der Fische akkumuliert haben. Sie können also auch rein pflanzlich über Mikroalgenöl zugeführt werden und unter den richtigen Optimalbedingungen kann der menschliche Körper diese auch selbst produzieren.
Jede vegan lebende Person muss auf jeden Fall EPA und DHA supplementieren.► Jede vegan lebende Person muss lediglich ihre Versorgung mit diesen langkettigen Fettsäuren sicherstellen. Der einfachste Weg dafür ist die direkte Supplementierung mit pflanzlichem EPA und DHA aus Mikroalgen. Einige Untersuchungen legen aber nahe, dass man als gesunder Mensch (vor allem als Frau) beim konsequenten Optimieren des veganen Speiseplans nach den vorgestellten Richtlinien eine adäquate Eigenproduktion dieser Fettsäuren erreichen kann. Für Schwangere, Stillende und Kinder empfiehlt sich eine Supplementierung aber auf jeden Fall.
EPA und DHA aus Mikroalgenöl ist im Vergleich zu Fischöl weniger gut vom Körper aufnehmbar.► Untersuchungen zeigen, dass Mikroalgenöl im Vergleich zu Fischöl ebenso verträglich und effektiv ist. Es bietet eine saubere und nachhaltige Alternative zu EPA und DHA aus Fisch(ölen) und sollte daher auch für Mischköstler die bevorzugte Quelle für diese Fettsäuren sein.
Tab. 2: Vorurteile gegenüber der Omega-3-Versorgung bei veganer Ernährung

Autor: Niko Rittenau
Titel: Vegan-Klischee ade!
Verlag: Ventil Verlag
ISBN: 3954531895

Quellen

  1. Burr, M.L.,Fehily, A.M. et al. (1989). Effects of changes in fat, fish, and fibre intakes on death and myocardial reinfarction: diet and reinfarction trial (DART). Lancet, 2(8666), 757–761 ↩︎
  2. Lenihan-Geels, G. et al. (2013). Alternative Sources of Omega-3 Fats: Can We Find a Sustainable Substitute for Fish? Nutrients, 5(4), 1301–1315 ↩︎
  3. Tortosa-Caparrós, E., et al. (2017). Anti-inflammatory effects of omega 3 and omega 6 polyunsaturated fatty acids in cardiovascular disease and metabolic syndrome. Crit Rev Food Sci Nutr, 57(16), 3421–3429. ↩︎
  4. Harris, W. S. (2008). The omega-3 index as a risk factor for coronary heart disease. Am J Clin Nutr, 87(6), 1997–2002. ↩︎
  5. Harris, W. S. (2008). The omega-3 index as a risk factor for coronary heart disease. Am J Clin Nutr, 87(6), 1997–2002. ↩︎
  6. Kornsteiner, M. et al. (2008). Very low n-3 long-chain polyunsaturated fatty acid status in Austrian vegetarians and vegans. Ann Nutr Metab, 52(1), 37–47. ↩︎
  7. Papanikolaou, Y. et al. (2014). U.S. adults are not meeting recommended levels for fish and omega-3 fatty acid intake: results of an analysis using observational data from NHANES 2003–2008. Nutrition Journal, 13, 31. ↩︎
  8. Lane, K.E. et al. (2021). Bioavailability and conversion of plant based sources of omega-3 fatty acids – a scoping review to update supplementation options for vegetarians and vegans. Crit Rev Food Sci Nutr, 12, 1-16. ↩︎
  9. Arterburn, L.M. et al. (2007). Bioequivalence of Docosahexaenoic acid from different algal oils in capsules and in a DHA-fortified food. Lipids, 42(11), 1011–1024 ↩︎
  10. Ganuza, E., et al. (2008). Crypthecodinium cohnii and Schizochytrium sp. as potential substitutes to fisheries-derived oils from seabream (Sparus aurata) microdiets. Aquaculture, 277(1–2), 109–116. ↩︎
  11. The Global Organization for EPA and DHA Omega-3s. (2014). Global Recommendations for EPA and DHA Intake. Verfügbar unter https://bit.ly/3szug8c ↩︎
  12. Hamilton, M. C. et al. (2005). Lipid composition and contaminants in farmed and wild salmon. Environ Sci Technol, 39(22), 8622–8629. ↩︎

Weiterführende Informationen

Artikel teilen