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24. Januar, 2024 / Elena Arnold

Veganes Leder ist mehr als nur Plastik: Der aktuelle Stand von veganen Lederalternativen

Wie geht veganes Leder? Das fragen sich nicht nur Neu-Veganer*innen, sondern oft auch jene, die schon länger vegan leben. Wir blicken heute auf die Landschaft der veganen Lederalternativen und räumen mit dem Klischee auf, dass veganes Leder angeblich auch immer Plastik bedeutet.

Vegane Lederalternativen
© Canva

Das Thema Leder kommt schnell auf, wenn man sich für einen veganen Lebensstil interessiert. Wer sich vornimmt, künftig kein tierisches Leder mehr kaufen zu wollen, steht unweigerlich vor der Frage: Wo in meinem Alltag nutze ich gerade Leder – und gibt es Alternativen? Gibt es veganes Leder?

Die Antwort auf diese Frage lautet ganz klar: Ja! Und es gibt sogar zahlreiche Optionen. Egal ob bei Schuhen, Accessoires, bei Handy-Hüllen oder sogar bei der Innenausstattung von Autos: Veganes Leder ist längst im Einsatz. Heute werfen wir gemeinsam mit avesu einen Blick auf die aktuelle Landschaft der Leder-Alternativen, vom klassischen Kunstleder bis hin zu vollständig pflanzenbasierten Optionen. Um es greifbarer zu machen, schauen wir uns vegane Lederalternativen für Schuhe an. Und wir klären das Vorurteil, dass eine Entscheidung gegen Tierleder auch immer eine Entscheidung für Plastik bedeutet.

1. Kunstleder – Der viel-kritisierte Klassiker

Kunstleder, auch Faux-Leder genannt, wird aus synthetischen Mikrofasern hergestellt. Diese bestehen in der Regel aus einem Mix aus Stoffen wie Polyurethan, Polyester, Nylon und Baumwolle. Es kann damit sowohl glattes Leder als auch Wildleder imitiert werden. Der große Vorteil: Diese Lederalternative ist wetterfest, robust und atmungsaktiv und lässt sich zudem leicht reinigen und pflegen. 

Ein Nachteil ist, dass Kunstleder erdölbasiert ist – das ist allerdings auch gleichzeitig das Material, das den Schuhen ihre Langlebigkeit verleiht. Idealerweise kommen hier recycelte Kunststoffe zum Einsatz, um den ökologischen Fußabdruck des Materials zu reduzieren. Dennoch bleibt dieser Punkt ein großer Kritikpunkt für Menschen, die viel Wert auf Nachhaltigkeit legen. Als Alternativen dienen hier die nächsten beiden Kategorien.

2. Bio-basiertes Leder – Der pflanzenbasierte Hybrid

Bio-basierte Lederalternativen bestehen zu einem großen Anteil aus pflanzlichen Stoffen, gemischt mit Kunststoffen. Durch die Integration von pflanzlichen Materialien kann der Anteil der synthetischen Materialien am veganen Leder zwar noch nicht vollständig ersetzt, aber deutlich verringert werden. In dieser Kategorie gibt es eine ganze Reihe an verschiedenen Optionen:

  • Apfelleder
  • Maisleder
  • Kaktusleder
  • Traubenleder
  • Pilzleder
  • und Ananasleder

Zur Herstellung der bio-basierten Lederalternativen werden Pflanzenfasern, die zum Beispiel als Fruchtreste bei der Saftproduktion übrig bleiben, pulverisiert. Anschließend werden sie mit Synthetikfasern wie Polyester und Polyurethan, sowie mit Baumwollfasern zu einem leder-artigen Material verarbeitet. Um den Schuh langlebig und wasserfest zu machen, werden sie noch mit einer Polyurethan-Schicht ummantelt. 

Die Apfel-Lederalternative AppleSkin™ aus Italien besteht beispielsweise aus etwa 30 % Apfelresten aus der Fruchtsaftindustrie, recyceltem PET, Baumwolle und wasserbasiertem Polyurethan. Bio-basierte Lederalternativen sind somit eine innovative, nachhaltigere Option, bei deren Produktion Abfälle aus der Lebensmittelindustrie wiederverwertet und gleichzeitig Ressourcen eingespart werden können. 

3. Ganz ohne Synthetik – Veganes Leder, das komplett aus Pflanzen hergestellt ist

Wer ganz ohne synthetische Materialien auskommen möchte, hat auch Optionen – diese sind aber leider nicht wetterfest und eignen sich daher nicht besonders gut für die kältere Saison und Regentage. 

Korkleder wird aus der Rinde der Korkeiche gewonnen, ohne den Baum zu schädigen. Es gilt somit als nachwachsender Rohstoff. Es ist leicht, weich und wasserabweisend, hat aber einen eher charakteristischen Look, der keine optische Ähnlichkeit mit Leder aufweist.

Auch aus Hanf- und Leinpflanzen sowie Bio-Baumwolle lassen sich sehr robuste und atmungsaktive Stoffe für Schuhe fertigen. Zusätzlich von Vorteil ist, dass diese Pflanzen ohne Pestizide und Herbizide auskommen – und damit in der Produktion komplett auf chemische Düngemittel verzichtet werden kann.

Worauf es bei nachhaltigen Schuhen ankommt

Möchte man nicht nur darauf achten, dass die Schuhe vegan sind, sondern auch darauf, dass sie möglichst nachhaltig sind, dann gilt es, auf verschiedene Faktoren zu achten. 

Die Menschen hinter unserem Partner avesu sind Experten auf dem Gebiet des nachhaltigen und veganen Schuhwerks. Seit 2010 arbeiten sie daran, vegane und nachhaltige Schuhe sowie Accessoires in Deutschland verfügbar zu machen. Sie haben uns verraten, worauf es bei nachhaltigen Schuhen noch ankommt: 

„Der ökologische Fußabdruck der einzelnen Materialien, der Ort ihrer Herstellung und letztlich auch der Produktionsort des Schuhs sind in der Betrachtung essenziell. Wenn beispielsweise ein Schuh in Portugal produziert wird, der aus Kaktusleder aus Mexiko besteht, welcher dann wiederum in den USA verkauft wird, kann man unserem Verständnis nach nicht mehr von einem „nachhaltigen Schuh“ sprechen. Zudem ist ein Schuh, der aus recycelten Materialien besteht, nicht automatisch recycelbar – daher spielt auch die Langlebigkeit des Schuhs bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit eine große Rolle.“ 

Der ökologische Fußabdruck von veganen Schuhen ist in der Regel weitaus geringer als der von Schuhen mit Tierleder, da der Einsatz von umweltschädlichen Chemikalien und der enorme Wasserverbrauch bei der Ledergerbung der Tierhäute wegfällt. Auch die (indirekten) negativen ökologischen Auswirkungen der Tierzucht wie die Regenwaldabholzung und der Ausstoß von Methan-Emissionen fallen bei der Produktion von veganen Schuhen natürlich weg. 

Nachhaltige, vegane Schuhe: Die Vision von Kreislaufwirtschaft

Das Ziel ist natürlich eine zu 100 % kreislauffähige und plastikfreie Lederalternative, die auch strapazierfähig ist. Die ersten Materialien, die diesen Standards entsprechen, gibt es bereits. Ein Beispiel ist MIRUM®: Eine Lederalternative bestehend aus Naturlatex und Pflanzenmaterialien wie Kokosfaser, Algen und Reisschalen. Die Firma, die MIRUM® herstellt, Natural Fiber Welding, forscht auch an anderen Materialien, die in den Bereichen Sportbekleidung, Schuhsohlen und Schaumstoffen einsetzbar sind – immer mit der Prämisse, dass diese 0% Kunststoffe enthalten und am Ende ihres Lebens recycelt weiterverwendet werden können. Auch hier stellt man sich also noch die Frage nach der optimalen Wiederverwertung oder Entsorgung – es ist aber allemal besser als Materialien, die aus Plastik bestehen oder zum Teil Plastik enthalten.

Diese Art der kreislauffähigen Materialien sind die veganen Lederalternativen der Zukunft – und schon einige Labels, klein wie groß, haben sie in ihrem Sortiment oder arbeiten in diesem Moment an zukünftigen Produkten. Wir hoffen, dass diese Entwicklung stetig weiter geht und damit auch für mehr Menschen zugänglich wird.

***Engagierter Journalismus braucht Finanzierung. Wir bedanken uns bei avesu. Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit ihnen entstanden.

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