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10. Januar, 2024 / Celine Mayr

Zukunftstrend oder Utopie? Das Potential eines verpflichtenden vegetarischen und veganen Angebots in Kantinen Deutschlands

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Als die Volkswagen-Kantine ihre berühmte Currywurst vor mehr als zwei Jahren nur mehr in einer veganen Version anbot, war das mehr als eine kulinarische Neuheit – es war ein Signal, dass sich die Zeiten ändern. Dieser Schritt des größten Automobilherstellers Europas spiegelt einen wachsenden Trend wider: die Nachfrage nach nachhaltigeren, gesünderen Essensalternativen in der Arbeitswelt. In diesem Kontext erscheint die jüngste Petition der deutschen Umwelthilfe, die ein verpflichtendes veganes und vegetarisches Gericht pro Mahlzeit in allen öffentlichen Kantinen fordert, nicht nur zeitgemäß, sondern notwendig. Könnte dies der Beginn eines neuen, gesundheits- und umweltfördernden Ernährungsstandards in öffentlichen Einrichtungen sein?

Facts & Figures

In Deutschland werden täglich rund 16 Millionen Mahlzeiten in Gemeinschaftsküchen serviert. Von Kitas und Schulen über Krankenhäuser bis hin zu Mensen, Betriebskantinen und Gefängnissen – die Reichweite und der Einfluss dieser Einrichtungen auf die Ernährungsgewohnheiten und damit auf Gesundheit und Umwelt sind enorm. Öffentliche Kantinen bieten eine große Chance, eine gesündere Ernährungspolitik zu gestalten. Andere Länder haben die Zeichen der Zeit längst erkannt und die positiven Effekte pflanzenbasierter Ernährung in ihren Gemeinschaftsküchen integriert.

In Portugal beispielsweise sind vegane Optionen in Schulen, Universitäten, Gesundheitseinrichtungen und Gefängnissen seit 2017 verpflichtend. Frankreich hat ebenfalls Maßnahmen ergriffen, um den Ernährungssektor in Einklang mit den Klimazielen zu bringen: Dort ist es Standard, dass täglich mindestens eine vegetarische Mahlzeit auf dem Speiseplan steht und ein fester Bio-Anteil vorgeschrieben ist.

Pflanzenbasierte Revolution: Der gesellschaftliche Wandel hin zu nachhaltiger Ernährung als Standard

Der gesellschaftliche Wandel hin zur Nachhaltigkeit manifestiert sich deutlich in den Essgewohnheiten, wie die Nestlé Studie 2023 zur Nachhaltigkeit in deutschen Kantinen und Mensen zeigt. Die steigende Popularität von vegetarischen und veganen Optionen in Kantinen und Mensen ist ein klares Zeichen für den wachsenden Flexitarismus in der Gesellschaft. Während traditionelle Gerichte wie die Currywurst weiterhin ihren Platz haben, bietet bereits ein Großteil der Mensen eine vegetarische Alternative an. 90 Prozent der Kantinen und Mensen servieren täglich ein komplettes vegetarisches Menü. Die zunehmende Verfügbarkeit von veganen Speisen, insbesondere in Campus-Mensen, zeigt, dass die Gastronomie auf die Nachfrage nach pflanzlichen und umweltfreundlicheren Optionen reagiert.

Eine weitere Umfrage von ProVeg zeigt, dass für viele BewerberInnen auf dem deutschen Arbeitsmarkt die Haltung des potenzielles Arbeitsgebers in Sachen Klimaschutz wichtig ist. Die Generation Z und die Millennials treiben den Ernährungswandel weiter voran. Für Unternehmen ist neben dem pflanzenbasierten Angebot auch die Kommunikation dieses entscheidend. Die klare Kennzeichnung des Angebots, die Betonung des ökologischen Mehrwerts und die Preisgestaltung sind wichtige Aspekte, die nicht vergessen werden dürfen.

Fazit

Die Ergebnisse der jüngsten Studien von Nestlé und ProVeg geben Grund zur Hoffnung: Viele der teilnehmenden Unternehmen haben den Anteil rein pflanzlicher Angebote in den letzten 12 Monaten erhöht, ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung.

Also Ende gut, alles gut? Nicht ganz. Obwohl 80% der Deutschen eine Reduzierung des Fleischkonsums befürworten, bleibt in vielen kleineren und mittelständischen Unternehmen der Alltag von traditionellen Fleischgerichten wie Currywurst, Gulasch und Schnitzel geprägt.

Und was wurde eigentlich aus der veganen Currywurst bei VW? Interessanterweise wird diese nun neben der veganen Variante zusätzlich wieder in der Fleischversion angeboten, ein Zugeständnis an die Wünsche der Belegschaft. Dies spiegelt die Realität wider, dass viele Menschen noch nicht bereit sind, vollständig auf Fleisch zu verzichten, und unterstreicht die Notwendigkeit eines ausgewogenen Angebots. Die Forderung der Deutschen Umwelthilfe nach einem verpflichtenden veganen und vegetarischen Gericht pro Mahlzeit in allen öffentlichen Kantinen ist daher kein Verbot, sondern eine Erweiterung der Wahlmöglichkeiten. Sie beschränkt niemanden, der weiterhin Fleisch essen möchte, bietet jedoch allen die Möglichkeit, eine gesündere, nachhaltigere Ernährung zu wählen und Abwechslung im Speiseplan zu erleben. Damit MitarbeiterInnen in allen Kantinen Deutschlands diese Wahl haben, ist die Unterstützung der Petition ein wichtiger Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft, der die kulinarische Landschaft Deutschlands bereichert.

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